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Die Weinende
Ernst Weiss, 1996

die Weinende

Es gibt eine Ecke im Zugersee, die wir alle mehr oder weniger gut kennen.

Wenn man dem westlichen Ufer entlang gegen Buonas segelt, kommt man zu einer kleinen Schilfinsel. Rechts davon ist es untief, man kann also nicht ohne weiteres in die dahinterliegende Bucht einlaufen, ohne die Insel zu umrunden. Wir älteren vom Segel Club Cham nennen diese Gegend ‚Magellan‘ nach dem grossen portugiesischen Seefahrer Magalhaes, der die Durchfahrt vom atlantischen in den stillen Ozean gefunden hat, ohne das berüchtigte Cap Horn zu umsegeln (Magellanstrasse).

Auch in unserem Fall gibt es eine Möglichkeit, in die Bucht einzulaufen, in der man so ungeniert ‚Oben-Ohne‘ baden kann.

Man geht kurz vor der Insel, die man zwar heute kaum noch sieht, auf Westkurs. Im Hintergrund stehen am Ufer zwei markante Pappeln und weiter hinten eine grosse, querstehende Scheune mit einem auffallend roten Dach. Wenn die Scheune mit den Pappeln in Deckung ist, befindet man sich auf einer Durchfahrt zwischen Untiefe und Insel.

Früher hatte man bei der Durchfahrt hin und wieder das Gefühl einer Grundberührung und zwar genau an der Stelle wo heute die Skulptur einer weinenden Frau steht. Warum sie weint, ist schwer zu sagen. Vielleicht weil es fast kein Schilf mehr gibt, hinter dem man sich so schön verstecken konnte. Immerhin, seit sie da steht hat niemand mehr etwas von den rätselhaften Grundberührungen verspürt.

Am 4. März des Jahres 1435 versank die Untergasse der Zuger Altstadt in den Fluten des Zugersees. Über dieses Unglück geht die Sage von der Zuger Seejungfrau. Ob die Weinende mit der damaligen Zeit etwas zu tun hat und deswegen immer noch traurig ist, ist eher ungewiss. Wahrscheinlicher ist, dass sie sich mit den heutigen Seebenützern schwer tut. Vielleicht gibt es auch eine Beziehung zu einer Gruppe Segler, die immer recht spät im Jahr, von Buonas herkommend, dort vorbei segelt. Manchmal segelnd im Nebel aber immer leicht benebelt. Hoffen wir, dass die Weinende sie von unerwarteten Grundberührungen schützt und sicher nach Cham in ihren Heimathafen geleitet, wo die Gruppe dann, nach einem langen Winterschlaf, wieder von neuen Taten und von Seemannssuppe träumen kann.

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de Horbächler
Pit Müller, 1985

Sturm

Der Wecker war auf halb neun gestellt. Ich wache auf um acht Uhr. Der Wind weckt mich. Er bläst stark und rüttelt am Fenster. Starker Wind am Sonntag: Das wünschte ich schon längst. Schnell kleide ich mich an und fahre an den See. Mit unheimlicher Wucht brechen die Wellen am Ufer. Dachte ich es mir doch: Starker Wind aus Süd-Süd-Ost mit fünf bis sechs Beaufort.

Ein Fischer tritt zu mir: „Merkst du den Druck, die Schwüle, es wird noch mehr Wind geben. Veilleicht kommt der ‚Horbächler‘.

Gemeinsam treten wir ans Ufer. Der Wind lässt das Wasser fliegen. Wir werden nass. Wir bestaunen die gewaltige Kraft. Kaum sprechen wir; nur Stehen und Staunen.

Der Wind dreht auf Süd-Ost. Jetzt heisst der Wind: Horbächler. Er ist selten, aber gefürchtet. Stark bläst er, oft unberechenbar. Vom Zugerberg her dem Horbach entlang, fällt der Wind auf den See.
In der Nähe steht eine Schiffhütte. Ein Boot ist festgemacht. Und doch; nicht mehr ganz. Das Tau ist zerrissen. Im Rhythmus der Wellen schlägt das Boot hin und her. Jetzt: Es kentert. Das Boot sinkt.
Ein Mann vom Rettungsdienst tritt zu uns. Er erzählt. In Zug sei ein Segelboot an den Quai geschlagen. Erinnerungen an den letzten Horbächler werden wach. Ein alter Mann verlor sein Holzboot, sein selbstgemachtes Boot.

Fluch über den Horbächler.

Wir Segler fürchten diesen Wind …

… der bläst …
… der stark bläst …
… zwar selten …
… der bläst …,
… um sich Boote zu holen.
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Chiemepfäffer
Eugenie Grün, alias Ruth Fritschi Lindemann

1982 ist auch Dölf Gretener schon 25 Jahre Mitglied des SCC Seit einem Vierteljahrhundert lässt er sich den Wind um die Nase wehen und ist mit der Zeit von der kleinen O-Jolle auf immer grössere und rassigere Yachten umgestiegen.

Dölf, der sich wie viele Segel-Anfänger zuerst mit «Wie-lerne-ich- kentern» beschäftigte, hat aus Erfahrung gelernt und ist nun mit allen trüben und klaren Wassern des Zugersees gewaschen.Mit bewerkenswerter Zivilcourage tritt er zwar hin und wieder ins Fettnäpfchen, doch wenn man ihn braucht, dann ist er auch da.

Von 1985 bis 1970 war er im Vorstand und hat sich als Materialverwalter besonders für den Segelclub eingesetzt.

1980 wurde er (von wem?) zum Chiemenvogt ernannt und ist heute ein vehementer Verfechter von «Seemannschaft». So stellte er in seinem Logbuch einigen Chiemenseglern deutlich und mit Ausrufezeichen ein recht schlechtes Zeugnis aus. Er wies auf die Misstände hin, die sich – teils aus Unwissenheit, teils auch aus Gleichgültigkeit – auf oder vor dem Chiemen eingebürgert haben. Sicher hat er in bester Absicht auf diese Situation aufmerksam gemacht, doch seine Streit- und Schmähschrift musste unweigerlich Anstoss erregen.

Dessen ungeachtet veröffentlichte das «Zuger Tagblatt» Dölfs Artikel am 2. Oktober 1981 unter der Rubrik «Der aktuelle Leserbrief» . Wie zu erwarten war, wurde seine Botschaft unter Beschuss genommen und wirbelte viel Staub auf.
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Zu Gast beim «Chiemevogt»
Hans Estermann, Juli 1992

Chiemevogt

Es hiess, sich in Geduld üben, denn auf einen tel. Rückruf konnte man unter Umständen mehrere Tage warten. Der Grund für die Warterei war aber nicht Unfreundlichkeit, sondern die Tatsache, dass sich der Hünenberger Architekt Adolf Gretener für eine Weile aus dem öffentlichen Leben zurückgezogen und seinen Wohnsitz auf sein Segelschiff auf dem Zugersee verlegt hatte.

«Nachdem ich schon in den letzten Jahren während den Sommermonaten ein paar Wochen auf dem Schiff gelebt habe, wollte ich mich im 1992 einmal für längere Zeit aus dem Alltag zurück ziehen und abschalten,» erklärt mir der 61jährige Hünenberger Bürger beim ersten Besuch am Chiemen, wo er die letzten Monate vor Anker lag.

Um einen Einblick vom Leben auf dem Schiff zu bekommen, lädt mich der seit 40 Jahren begeisterte Segler zu «einem Tag auf See» ein, ein Angebot, auf das ich natürlich mit Vergnügen einsteige. Trotz hochsommerlichen Temperaturen weht am verabredeten heissen Vormittag eine steife Bise aus Nordost. Bei herrlichem Sonnenschein die besten Voraussetzungen für ein erlebnisreiches Segelvergnügen. Gut vertäut liegt die Segelyacht «ANDHRA» eine über 10 m lange OMEGA 34, benannt nach dem Namen einer Südindischen Stadt , am Steg im Zuger Hafen. Strahlend empfängt mich der Freizeitkapitän und bittet an Bord. «Wir wollen das für Zugersee-Verhältnisse ideale Segelwetter ausnützen und lossegeln. Nach den vielen sommerlichen Flautentagen kommt die Bise heute wie gerufen».

Fünf Minuten später sind die Segel gesetzt und mit 7 Knoten Speed gehts raumschots Kurs Süd unter Gross und Easyrider (ein Spinaker Ersatz für Einhandsegler). Schon nach einer knappen Stunde erreichen wir den Chiemen, wo mir Adolf Gretener seinen Ankerplatz zeigt für den Sommer. «Nach Absprache mit einem Berufsfischer kann ich hier am ‚Rohregge‘ in seiner Fischenze ankern. Er versorgt mich auch mit frischem Fisch und Eis. Damit das Schiff bei Starkwind nicht losgerissen wird, ist hier eine spezielle Ankervorrichtung nötig: der schwere Stockanker mit 80 m Kette und Leine nach Nord, der Riffanker im nahen Fels mit Kette nach West und die 60 m lange Landleine nach Süd » .Den Orkan aus West-Südwest vom 21. Juli haben er und seine Yacht hier schadlos überstanden, auch wenn der halbe Chiemenwald entwurzelt wurde.Zum Glück waren keine andern Schiffe am Chiemen, das hätte bös geendet. Die Meteo Schweiz bestätigte denn auch Böenspitzen von Windstärke 11 für dieses Gebiet.

Für zwei Stunden geniessen wir die zügige Bise , und auch für mich rückt der Alltag in weite Ferne. Dabei erzählt mir der Seemann vom Leben auf dem Zugersee. «Bei Flaute unternehme ich vom Chiemen aus verschiedene Märsche in der Umgebung oder sammle im Wald Beeren für eine kleine Mahlzeit. Das tägliche schwimmen im See, auch bei Schlechtwetter ist gut für die Gesundheit. Ab und zu wandere ich zum Einkauf nach Immensee oder Risch. Am liebsten beobachte ich die Natur und erfreue mich an den Milanen, Bucheli ,Reihern, Haubentauchern mit den Jungen auf dem Rücken. Jedes Jahr wieder zeigt sich der Eisvogel und ich weiss, wo seine Höhle ist. Das verrate ich keinem. Als Einzelgänger liebe ich die Einsamkeit. Wenn am Wochenende zuviel Rummel an Land herrscht, fliehe ich auf den See hinaus oder an ruhigere Orte am Westufer oder ich fahre heim in meine Wohnung, wo es auch allerhand zu tun gibt. Langweilig ist mir jedenfalls noch nie in meinem Leben geworden.»

Schon seit vielen Jahren spricht man in Seglerkreisen vom «Chiemenvogt», einen Namen, den sich Adolf Gretener vor allem auch wegen seiner Ordnungsliebe eingehandelt hat. Wenn nach lauen Sommernächten die Wochenendtouristen ihren Dreck achtlos am Chiemen liegen lassen, sorgt er mit seiner sonoren Stimme für Ordnung. «Die zunehmende Sauordnung macht mir echt Mühe, und wenn ich den Abfall so liegen sehe, steigt der Ärger in mir hoch.da muss ich mir Luft machen» , meint er zu seinem Übernamen.

Obwohl Adolf Gretener auf dem Schiff für sich allein recht bescheiden und gesund kocht, serviert er mir zum Mittagessen in der Pantry (Schiffsküche) ein feines «Captain-Dinner». Bei Zigeuner-Steak an pikanter Sauce, Rüeblischnitten mit Meerrettichsauce und einem Glas «Chäppeliwy» geniesse ich die feine Bordküche.

«Am Abend steige ich sehr früh in die Achterkoje. Um zehn Uhr ist meistens Nachtruhe. Mit viel Schlaf erhole ich mich hier glänzend. Auch ein nächtliches Gewitter mit Blitz und Donner ersetzt einen Abendkrimi daheim vor dem Fernseher. Am Morgen stehe ich beizeiten auf und schwimme meine gewohnte Strecke im sauberen, manchmal dreckigen Wasser. Im Obersee, das zeigte sich in all den Jahren, strömt mehr Schmutzwasser umher als in Cham-Zug-Oberwil-Buonas und am Westufer».

Noch manch Wissenswertes, manches Erlebnis hat mir der Chiemenvogt erzählt. An seinen Lebensrhythmus könnte man sich wirklich schnell gewöhnen, denke ich auf dem Heimweg, nachdem er mich im Hafen Zug wieder an Land gesetzt hat.

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Chiemvogts Logbuch
Dölf Gretener Chiemenvogt und Fockaff Lisa, 1981

Sandbucht – Chiemen

7 Zuger- & Chamer Yachten liegen vor mehr oder weniger gutem Ankergeschirr. Im Westen steht ein Blösch an, verzieht sich, meldet sich grollend später hinter dem Rossberg, verzieht sich wieder. «Aphrodite», knapp eine halbe Seemeile querab vor Anker, rechnet trotzdem mit Südweststurm und bringt den zusätzlichen «Riffanker» aus (in keinem Seglerladen zu kaufen).

Ein Zuger Motorboot begehrt Durchfahrt, um an Land zu gelangen, ausgerechnet hier, wie wenn weiter nebenan keine Möglichkeit hiezu wäre. Die Landleine, mit Fender markiert, bleibt, wo sie ist. Von «Seeemannschaft» haben die Brüder keine Ahnung, sehen nicht die drohende Front, die sich schwarz hinter dem Michelskreuz aufgebaut hat. Erst ein Schuss aus meiner Flinte vor ihren Bug bewegt sie widerwillig, zu wenden und nicht in meine Leinen zu fahren. Ihr Fluchen vermischt sich dem fernen Donner …….

Inzwischen ankert noch einer, eine Sprinta-Sport mit Kind und Kegel. Sollen mir ja nicht zu nahe kommen! Ich bin geladen wie die Luft vor dem Gewitter. Doch die liegen jetzt gut querab im Lee des Nahenden. Keine Gefahr für meine Yacht. Sind die Leute blind? Die ganze Crew entert, mangels eines Beibootes an Land und beginnt Feuer zu machen. Derweil fallen die ersten Tropfen. «Kommt der Regen vor dem Wind, hau die Segel ab geschwind_» Wie diese Regel wieder einmal stimmt! Heckleine klar an Bug verholen. Lisa tut dies, ohne dass ich etwas zu sagen brauche. Ein zuverlässiger Kumpel. Ein letzter Kontrollblick, Luken dicht und ab unter Deck. Feldstecher und Schnapsflasche liegen klar. Prost! Wollen sehen, was es da zu sehen geben wird. ………….

Böen fegen vom Nauen-Josi her. Das Schilf legt sich flach und unsere «Aphrodite» in den Wind. Regen peitscht auf das Deck. Wanten sirren. Uns ist sauwohl. Wir vertrauen auf unsere «Ankerei». Derweil versucht der Sprinta-Mann, seine Yacht mit der Achterleine zu halten. Sein Spielzeug-Ankerli mag für den Hafen Zug gut sein. Am Chiemen taugt es nichts. Sollten diese harten Böen länger andauern, so hat der Chiemen wieder einmal ein Opfer. Doch diese Gedanken werden verdrängt —— Was tut sich denn in der Sandbucht? Durch das Glas sehe ich Eigner im gelben Oelzeug hinter grossen Steuerrädern verkrampft ihre Yachten unter Motor vor Anker zu halten. Das sollte man filmen. Heute schlägt der Chiemen zu! Recht so, denke ich. Denen gehört ein Denkzettel. Es ist schon demütigend, wenn einer vor dem ganzen Klamauk von Kollegen, Fahrt über den Achtersteven macht, weil der Anker unklar kommt. Bleibt dann noch, dank starkem Motor, die Flucht zur rettenden SOS-Boje am Aabach Risch. Dabei dauerte der ganze Spuk mit ± 7 BF max. 10 Minuten. «Aphrodites» Mannschaft, absolut ohne Schwierigkeiten, überlegt sich, was denen da drüben wohl passierte wäre, hätte der Ministurm Vollzeug gespukt, so eine Stunde lang? Was, wenn die Motoren in dieser Situation ausfallen? Eher als nicht, wären statt der sieben, dann nur noch drei Yachten gewesen. Die drei Erfahrenen mit gutem Geschirr , die solchem stets gewachsen waren. Der Rest als Treibgut am Land, ein Teil am felsigen Steilufer gestrandet und abgesoffen und wir andern durch höhere Versicherungsprämien «belohnt». Irgend jemand muss doch diesen sträflichen Leichtsinn wiederum bezahlen. Leider!

Wer schon nächtelang Stürme am Chiemen abgewettert hat, weiss, was es an Ausrüstung braucht und wie man ankert und welche ungeschriebenen Gesetze am Chiemen zu beachten sind. Sonntagssegler mit Kind und Katze werden früher oder später ihr Lehrgeld zahlen, mag der Eigner ein noch so guter Regattasegler sein. Das ist so sicher wie Fischermeister Tschümperlin’s Recht auf seine Fischenze und Ankerverbot für nicht Berechtigte. Man kann es natürlich draufankommen lassen, ob der Alte Kontrolle macht. Doch das wirft ein schlechtes Licht auf gewisse Chamer Segler. Arther – und Immenseer-Segler , meist Auswärtige, mit SZ-Nummern am Schiff, mögen in Unkenntnis der ganzen Bundesgerichtlichen Auseinandersetzung nicht entschuldigt, aber doch eher toleriert sein. Oder soll es ein paar Unverbesserlichen wegen zu einem zweiten Prozess kommen?

Das Mass voll macht noch die Feststellung, dass der Wasserskiclub Cham seine Tätigkeiten nun auch noch ins Gebiet Chiemen verlegt, weil es gewisse Leute des Segelclub Cham nicht lassen können, auch noch hier mit Lärm und unnatürlichen Wellenschlag die Gegend zu versauen, Dabei war der Chiemen bis vor kurzer Zeit ein Ort der Ruhe, wenigstens während der Woche. Fehlt nur noch, dass der dreimal projektierte Wasserski-Sprungturm des WSC, von der Kant. Baudirektion und Amt für Raumplanung gottlob auf Zuger Seehoheitsgebiet nicht bewilligt, , hierher verpflanzt wird. Man kann nur hoffen, dass sich die Luzerner und Schwyzer Regierungen dem mutigen Entscheid der Zuger Baudirektion anschliessen können.

Leider ist die Reichweite meiner «Bordkanonen» zu gering, um einen Störefried ganz anderer Art zu eliminieren. Ausgerechnet über dem Zugersee probt unsere «Airforce» die nicht bemannten Aufklärer, «Drohnen» genannt. In einer für das menschliche Ohr unsäglichen Frequenz kreisen die stundenlang, stets in Begleitung eines Armee-Helis in der Region Walchwil-Zugerberg-Oberwil-Chiemen-Risch.

Wer die Ruhe schätzt, dem gehen diese Geldschleudern und Spielzeuge erwachsener Buben in der Armee auf die Nerven.

Schlussendlich bleibt noch die Feststellung, dass Chiemevogts mit viel Schweiss und Idealismus erbauten Feuerstellen am Chiemen nun von Leuten entweiht werden, die besser nach St. Tropez oder ins Pfefferland fahren.

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Zuger Seepolizei – unglaublich aber wahr
Adolf Gretener gen. Chiemenvogt, Hünenberg

Dölfs Gebiss im Zugersee

Aus dem Logbuch der SY ANDHRA ZG 101 vom 12. Juni 2001

09:00
Auslaufen ab Boje SCC . Bei leichter Thermik 1 BF unter Genoa und Gross Richtung Chiemen.

09:40
Höhe Freudenberg Ende Thermik. Aus dem Chiemenbesuch wird vorerst nichts. Segel bergen und einlaufen unter Motor in die «Maghellan-Strasse». Das Echolot zeigt 3,5 m an.

09:50
Ankermanöver beendet. Zu «Maghellan», Erläuterungen bitte lesen im Brief von Ernst Weiss unter www.fahb.ch

10:00
Apéro an Deck. So ein friedlicher Tag. Heute stimmt fas alles:

Der Kuckuck im Hinterland, ein junger Schwarzmilan bettelt hoch oben in seinem Astwerknest nach Futter, Haubentaucher, ständig streitende und revierverteidigende Bucheli (Blesshühner) und natürlich der Herrscher des Gebietes, der Schwan, heute allein ohne Damenbegleitung wie ich. Die paar Fischerboote und Ruderer des RCC gehören zum idyllischen Bild dieses Sommertages. Keine rasenden Aussenbordmotoren, keine Sportflieger, Ruhe pur, wäre da nicht der Bauer vom der andern Seeufer Richtung «Eiola». Er kann es nicht lassen, seine Vogel-Schreckschussanlage in Betrieb zu nehmen. Diesen Lärm hört man über den ganzen See, je nach Wind stärker oder schwächer. Den haben wir jetzt wohl die ganze Saison lang zu ertragen von morgens bis Sonnenuntergang, ausgenommen am Sonntag, wohlwissend, dass dann zu viele Leute reklamieren würden. Wundert mich nur, ob sonntags die Vögel in Scharen in die Obstkulturen einfallen dürfen. Wundert mich auch, wie es all die andern Besitzer von Obstbaum-Anlagen im Kanton Zug/Luzeren fertig bringen, Erträge zu erzielen. Man sagt, der 300 m – Schiessstand Risch, der nur ein paarmal klöpft , müsse stillgelegt werden. Der «Schiesssstand Eiola» aber darf ruhig den ganzen Sommer über bis zur Ernte im Herbst tägllich knallen und das ganze gegenüberliegende Naherholungsgebiet vom Chiemen-Nordseite über Oberrisch bis Freudenberg mit Lärm eindecken!

13:00
der grosse Schock! Nach dem Essen im Cockpit Zahnreinigung. Das Wasserglas mit Inhalt geht über Bord. Erstarrt schaue ich dem kleinen, orangefarbigen, hufeisenförmigen Ding nach, das langsam im trüben Wasser versinkt! Keine Chance für mich, im kaum 16° kalten Wasser zu tauchen. Die Sicht beträgt heute, im Gegensatz zu 2 Wochen früher, maximal einen Meter. Ratlosigkeit. Das Ding kostet zig tausend Franken und müsste sehr aufwändig rekonstruiert werden. Ich markiere die Stelle mit einem schweren Schraubenschlüssel an einer dünnen Leine mit einem Fender. Das Schiff schwojt ja immer ein wenig vor Anker und wechselt so dauernd die Position.

13:45
Was nun? EMERGENCY CHANNEL 121.500 MHz? Funknotruf absetzen , wird aufgenommen. Frequenzwechsel auf 156.800 MHz Seepolizeidienste. Fragen hin und her. «Wir werden eine im Einsatz stehende Mannschaft organisieren. Zeit und Position werden bekanntgegeben.» Für’s erste beruhigend.

16:15
Das Arbeitsboot der Seepolizei macht längsseits fest. Einsatzleiter Ernst Seiler, Bootsführer Franz Willi und Polizeitaucher Stefan Odermatt in voller Taucherausrüstung sprechen sich gegenseitig ab. Ich verstehe kein Wort von ihrer Fachsprache für Unterwassereinsätze. Nur die Blasen an der Oberfläche zeigen an, wo der Taucher sucht. Nichts zu finden an der von mir markierten Stelle. Kein Wunder, in diesem schlammigen und weichen Seegrund, wo jede Bewegung das Wasser noch mehr trübt als es sonst schon ist. Ich glaube nicht mehr an eine «Bergung». Eine Leiche zu finden wäre einfacher als dieses kleine verfluchte Ding eine Zahnprothese!

16:40
Nochmals von vorne. Einsatzleiter Seiler gibt Weisungen. Diesmal wie beim Absuchen eines Lawinenkegels. Ziemlich weite von der markierten Stelle taucht plötzlich die linke Hans der Tauchers auf – nein, ich kann es nicht glauben – er hält das Ding in die Höhe !!! Unglaublich aber Wahr. Die «Stecknadel im Heuhaufen, ist gefunden. Das war genau der 400. Einsatz in der Karriere von Taucher Odermatt. Was für ein Erfolg! Der Einsatzleiter kann es nicht verkneifen zu fragen, ob es wirklich mein …Bees» sei und nicht etwa das einer Wasserleiche, die man noch immer im Zugersee sucht….. Sarkasmus à la Seepolizei.

16:55
Ende des Einsatzes. Einladung zu einem Glas Bier oder Wein. «Nein Danke», wir sind im Dienst. So hart sind die Bräuche der Seepolizei. Ein Fruchtsaft für den Taucher und Mineralwasser für die andern ist alles, was sie akzeptieren. Kosten? «Dein Freund und Helfer» darf kein Geld annehmen.

17:07
Die Helfer legen ab mit ihrem Boot. Bojen setzen ennet dem See, lautet die Weisung des Chefs. Wir sind in Verzug und weg sind die Drei. Ich werde mir überlegen, wie ich mich denen ausserhalb des Dienstes erkenntlich zeigen kann.

Fazit: wer immer zu Recht oder vermeintlichem Unrecht bei einem Polizeieinsatz flucht, sollte nächstesmal daran denken, ob nicht auch er einmal die guten Dienste dieser Männer (Frauen?) in Anspruch nehmen darf. Es wird viel für uns still im Hintergrund getan und so darf diese Story ruhig mit einem grossen Dank an die Polizei öffentlich bekannt gegeben werden

(vgl. den Filmbeitrag ‚Tele Zürich Doelfs Gebiss im Zugersee‘)

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de Bobbeli
Eugenie Grün, 1997

Bobbeli1955

Ein Segelclub mit Bojenfeld,
Der hatte viel zu wenig Geld.
Drum mussten, war ein Wunsch zugegen,
Zuerst mal alle Hand anlegen.

So war das einstmals auch in Cham,
Als man zum erstenmal vernahm:
Man kann aus Kunststoff Boote bauen,
Hat man das nötige Vertrauen.

Die Chamer waren schnell bereit.
Das war doch eine Kleinigkeit.
Für uns, da muss ein Beiboot her!
Das ist doch sicher nicht so schwer.

Es war zwar schlimmer als man dachte,
Bevor man es zu Ende brachte.
Doch es entstand – Schockschwerenot –
Ein wunderschönes Kunststoffboot.

Es war, das muss man auch noch sagen,
Voraussichtlich in jenen Tagen
Das erste Beiboot auf der Welt,
Was man aus Kunststoff hergestellt.

Dann wusste man noch ganz zum Schluss,
Dass man das Kind auch taufen muss.
Doch das war äusserst schnell getan,
Der Name bot sich selber an.

Als Hudi einen Witz erzählte
Und sorgsam die Pointe wählte,
Kam stets er nur bis ‚Bobbeli‘.
Dann war es aus mit der Regie.

Der Witz sei gut, so tat er kund,
„Denn Bobbeli, so hiess der Hund“.
Doch leider wurde über Wochen
Bei ‚Bobbeli‘ er unterbrochen.

Der Witz blieb so im ganzen Land
Auf alle Zeiten unbekannt.
Doch ‚Bobbeli‘, das lebte heiter
Als unser Beiboot lange weiter.

Das war vor zweiundvierzig Jahren,
Das haben wir jetzt auch erfahren.
Inzwischen hat, so sei geklagt,
Der Zahn der Zeit am Boot genagt.

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Urs Fischbacher – genannt Fisch
Hans Estermann

Urs Fischbacher (Fisch)

Im vergangenen September 1991, auf der Fähre von Friedrichshafen nach Romanshorn, kam ich zum ersten Mal ins Gespräch mit Urs Fischbacher, dem Mann mit der bretonischen Fischerkappe, der Latzhose und der nicht wegzudenkenden Pfeife im bärtigen Gesicht. Mit Stolz präsentierte er damals sein Seemannsbuch, das er anstelle des Passes mit sich führte. Grund des Besuches in Friedrichshafen war die alljährlich stattfindende Bootsausstellung, wo die neuesten Schiffsmodelle präsentiert werden.

Urs Fischbacher’s Liebe und Leidenschaft gilt aber vor allem den alten Holzschiffen und nicht den neuesten Kunststoffschalen, mit denen heute Schiffe gebaut werden. So war es denn auch nicht weiter verwunderlich, dass er auf der Überfahrt erklärte, er müsse am Abend noch am Bodensee bleiben und nach einem Holzschiff schauen.

«Ich habe dieses Schiff schon lange im Auge, vielleicht klappt es diesmal», meinte er mit schelmischem Lachen. Schon der Gedanke an diesen Oldtimer liess seine Augen leuchten.

Den Bodensee kennt «Fisch», wie ihn alle nennen, wie seine Westentasche, hat er doch hier seine vierjährige Lehre als Bootsbauer absolviert und unzählige Stunden auf dem See verbracht. Obwohl von kleiner Statur, ist er für die regelmässigen Besucher der Hafenanlage Zug ein Begriff, und fast jeder in Zug hat seine zwei Oldtimer – Autos schon einmal auf der Strasse bewundert: einen Hürlimann-Traktor Jahrgang 1948 und den Jeep Jahrgang 1951, mit denen er die Schiffe vom Zuger Hafen in seine Werkstatt im «Sumpf» Steinhausen transportiert. Hier arbeitet er seit ein paar Jahren.

«Am liebsten hätte ich eine kleine Bootswerft direkt am See und dazu noch eine kleine Hafenkneipe», träumt er zwei Monate später bei einem Gespräch in der Stube des 300jährigen Bauernhauses, das er mit Frau Lotti bewohnt.

Einen Traum hat er nach der Lehrzeit am Bodensee bereits erfüllt. Drei Jahre «genoss» er das harte Seemannsleben in vollen Zügen. Als Schiffszimmermann und Bootsbauer arbeitete er auf hoher See und an den Küsten der Weltmeere, bis ihm schliesslich in San Franzisco, an einem Open-Air-Festival der Seesack mit allen Werkzeugen, Tagebüchern und Kleidern gestohlen wurde.

«Nach dreieinhalb Jahren wusste ich damals, dass dies das Ende ist. Es gab nur noch die Möglichkeit, mit dem nächsten Flugzeug nach Hause zu fliegen», berichtete «Fisch» vom damaligen negativen Erlebnis.

Ein zweiter Traum mit seiner Frau in die Karibik auszuwandern, war sehr schnell ausgeträumt. Die Insel, die sie sich dafür ausgewählt hatten, war inzwischen unabhängig geworden, und die neuen Herren wollten von den Europäern nichts mehr wissen. Mit Sack und Pack ging es schnell wieder Richtung Schweiz.

«Mit 50 werde ich wieder auf hoher See sein», prophezeit «Fisch» und zieht kräftig an seiner Pfeife.

Bis dahin wird er sich allerdings in einheimischen Gewässern tummeln müssen. Auch im Winter, wenn andere lieber zu Hause in der warmen Stube sitzen, zieht es «Fisch» immer wieder auf den See hinaus. Trotz beissender Kälte und steifer Bise kann er auf sein geliebtes Hobby nicht verzichten und kreuzt mit einer kleinen H-Jolle auch in der kalten Jahreszeit auf dem Zugersee. Wohl auch besser so, denn laut Ehefrau ist «Fisch» ungeniessbar, wenn er nicht einige Zeit auf den See hinaus kann.

Im Werkbüro von Urs Fischbacher hängt natürlich auch ein Plan der neuen Seeufergestaltung und dem neuen Hafenprojekt Zug, das immer noch zu vielen Diskussionen Anlass gibt. Gegenüber den ZN meint er dazu:

«Das Seeufer ist ein Naherholungsgebiet für alle und wird von vielen Leuten besucht und geschätzt. Ich bin überzeugt, dass es eine gute Sache wird, auch mit dem geplanten Restaurant mit der Terrasse und dem Blick auf den See hinaus. Da es sehr schwierig ist, heute einen Bootsplatz zu bekommen, wäre der Kleinboothafen eine gute Lösung nebst dem grossen Bruder. Problematisch sind vor allem die Wanderboote, bei denen eine Kontrolle relativ schwierig ist».

Urs Fischbacher ist mit seinen Lehrlingen sehr zufrieden: «Bis jetzt hatte ich immer Glück gehabt mit der Auswahl der Stiften. Da wir uns auf Holzboote spezialisiert haben, sind meine Lehrlinge nach Ende der Lehrzeit auch sehr gefragt».
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Aus dem Zugersee geborgen
ZN Nr. 28 vom 4. Februar 1993

Urs Fischbacher ist tot.

Eine Tauchergruppe der Kantonspolizei Schwyz fand ihn am Dienstagnachmittag nach 15 Uhr tot im Zugersee. Die Leiche lag etwa 100 m vom Schiffsteg ´Gerbiª entfernt in etwa 20 – 25 m Tiefe.

Der in Baar wohnhaft gewesene 44 jährige Urs Fischbacher hatte am Wochenende vom 21./22. November 1992 an einem Fest des Segelclub Obersee teilgenommen. Nach Mitternacht war er jedoch nicht mehr gesehen worden. Sein Boot wurde am Sonntag herrenlos im See treibend aufgefunden. Umgehend wurde von der Schwyzer Polizei eine Vermisstmeldung ausgegeben.

Wie Theo Steiner, der verantwortliche Pikettoffizier der KP Schwyz nun auf Anfrage bestätigte, wurde der Vermisste von einer Tauchergruppe aufgefunden. Diese absolviert die sporadischen Trainingseinsätze jeweils systematisch in jenen Gebieten, in denen dies angezeigt erscheint. Eine Untersuchung ¸ber den tragischen Todesfall ist im Gange.

Den Angehörigen entbieten wir unsere tiefe Teilnahme.

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Louis Schiess – Segler und Künstler
Dr. Marco Moser

Louis Schiess - Segler und Künstler

Dass unser anno 1984 im Alter von 59 Jahren allzu früh verstorbenes Ehrenmitglied und Freund Louis ein überdurchschnittlich begabter und erfolgreicher Segler war, ist bekannt. Auf seiner Finnjolle hat er bei jedem Wind und Wetter auf dem heimischen Zugersee die hohe Kunst des Segelns bei mancher Gelegenheit eindrücklich vorgeführt. Sein Ruf als erstklassiger Regattasegler auf «binnen und buten» reichte weit über die Landesgrenzen hinaus. Für die Finn-Klasse vertrat er die Schweiz an der Olympiade 1960 in Rom.

Mit seiner selbstgebauten H-Jolle «Sybilla» wurde er schon 1948 Schweizermeister.

Die Jahre 1960 bis 1964 brachten ihm 4 weitere Schweizermeistertitel in dieser Klasse , ebenso viele andere Erfolge in verschiedenen Klassen. Die freundschaftliche Gesinnung, die unter Segelkameraden trotz wettkämpferischer Einstellung herrscht, bewies dem Verstorbenen, dass er im Verfolgen seiner Ziele und Prinzipien seinen Mitmenschen und sich selbst gegenüber aufs äusserste gerecht geworden war.

Ebenso wie als Segler, war Louis Schiess aber auch in seinem Beruf als Bildhauer, als Restaurator und Bildner in Stein und Holz ein herausragender Künstler. Zum Gedenken bezeugte der ehemalige Denkmalpfleger des Kt. Zug Dr. Jos. Brunner:

«Die Werke der Kunst und des Kunsthandwerkes von Louis Schiess werden über seinen Tod hinaus von ihm zeugen und ihn in unserer Erinnerung behalten».

Bei der im Jahre 1475 geweihten Kirche auf der Totenhalde zu St. Wolfgang handelt es sich um eines der bedeutendsten spätgotischen Bauwerke des Kt. Zug. Das Chorgestühl wurde von dem zu seiner Zeit bedeutenden Künstler Ulrich Rosenstain aus Lachen gestaltet und geschnitzt. Dieses herrliche Kunstwerk wurde im 19. Jahrhundert aus der Kirche entfernt und für damalige 19’000 Franken verkauft, um Restaurationen zu finanzieren. Auf Umwegen hat es schliesslich im Schweizerischen Landesmuseum in Zürich seinen Platz gefunden. Als im Jahre 1944 die stilgerechte Restauration der Kirche zu St. Wolfgang in Angriff genommen wurde, verweigerte die Gottfried-Keller-Stiftung als Eigentümerin die Herausgabe des Chorgestühls. Es musste somit ein Künstler mit einem gestalterischen und handwerklichen Format der grossen alten Meister gefunden werden. Diese Aufgabe wurde dem jungen Louis Schiess übertragen.

Denkmalpfleger Dr. Brunner erinnert sich: «Louis Schiess hat aus dem Geist der Spätgotik und von Meister Rosenstain das reiche Werk wie ein eigenes Kunstwerk neu gestaltet und so ein lebendiges , originalgetreues Werk erreicht. Mit hoher Einfühlungsgabe hat er die Ranken, Krabben, Passionsblumen geformt. Ein Meisterwerk seiner Schnitzkunst ist die Gestalt des heiligen Wolfgang. Wir sind Louis Schiess für die nachschöpferische Gestaltung des Chorgestühles zu St. Wolfgang 1486, zu grossem Dank verpflichtet».

In den letzten Abschnitten seines Lebens widmete sich der Künstler im Zusammenhang mit seiner Umbautätigkeit vor allem der Forschung der Geschichte seines Hauses. Mit einer erstrebenswerten Gewissenhaftigkeit und Zielstrebigkeit setzte sich Louis kämpferisch im Alleingang ein gegen die funktionalen Tendenzen, welche sich in der modernen Architektur verbreiteten und seiner ästhetischen Empfindung in keinem Masse entsprachen.

Louis galt in der Öffentlichkeit als aufmerksamer, aber kritischer Zuhörer und starker Meinungsvertreter. Er scheute sich nie, sich in kleiner oder auch grosser Runde für das Interesse einer Minderheit und besonders für die persönliche Freiheit einzusetzen.

Es sind heute nicht allein die Resultate und die Werke, die an die Persönlichkeit erinnern, sondern wir alle, die ihn kannten, Louis Schiess als treuen, offenen und ehrlichen Mitmenschen in Ehren halten und seinen allzufrühen Tod aufs Tiefste bedauern.

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Seeabsenkung 1592
Peter Hoppe, Staatsarchivar

Seeabsenkung

Ansicht der Stadt Zug um 1547 und Stadtvedute von Zug um 1720

1591/92 – also vor mehr als 400 Jahren – hat der Zuger Stadtbaumeister Jost Knopfli den Seespiegel des Zugersees um zweieinhalb Meter abgesenkt – eine für die damalige Zeit pionierhafte Ingenieurleistung! Wie ist Knopfli dabei vorgegangen? War er sich der gewaltigen Risiken dieses Grossprojekts überhaupt bewusst? Und welches waren die tatsächlichen Auswirkungen dieser so genannten Seeabgrabung?

1540 baute Jost Knopfli der Ältere entlang dem damaligen Seeufer eine Fahrstrasse von Zug nach Cham, die den bisherigen Zeit raubenden Umweg über Steinhausen, Birch und Schluecht überflüssig machte. Weil aber die neue Strasse bei Hochwasser im Riedgelände des «Sumpfs» ausserhalb der Kollermühle jeweils unpassierbar wurde, wollte Knopfli das Lorzenbett beim Ausfluss in Cham tiefer legen, wurde jedoch im Sommer 1542 jählings von der Pest dahingerafft. Die Idee, die Sohle des Lorzenlaufs bei Cham tiefer auszugraben und dadurch den Seespiegel des Zugersees abzusenken, blieb indes lebendig und wurde von der Stadt Zug weiterverfolgt. Fünfzig Jahre später, 1591, beauftragte sie ihren Stadtbaumeister Jost Knopfli den Jüngeren, den Enkel des Erstgenannten, mit der Ausführung des Projekts.

Mit Eisen und Feuer

Am 18. September 1591 wurde als Erstes die alte Staumauer bei der Obermühle abgerissen. Rund 50 Meter oberhalb der heutigen Kantonsstrassenbrücke errichtete man ein provisorisches Holzwehr. Beidseits genutete Pfähle wurden in den Flussboden getrieben. In die Nuten wurden Holzplanken eingelegt. Um die Unterspülung des Wehrs zu verhindern, wurden die untersten Planken mit Strohmatten abgedichtet und diese mit Kies beschwert. Die grössten Hindernisse bei der Abgrabung des Flussbetts bildeten eine natürliche, über 100 Meter lange Felsrippe im Bereich der Obermühle und grosse Findlinge, an denen man mit dem zur Verfügung stehenden Werkzeug – Spitzeisen, Schlägel und Hämmer – fast verzweifelte. Der Einsatz von Sprengstoffen war noch nicht bekannt. Stattdessen entzündete man auf und neben solchen Steinen Feuer; der einseitig erhitzte Brocken wurde mit kaltem Wasser übergossen und so ein Temperaturschock ausgelöst, der die Zerkleinerung erleichterte. Beginnend bei der Obermühle wurde das Flussbett flussaufwärts auf einer Länge von rund 450 Metern um Mannshöhe abgetieft, und zwar bis November 1591 zuerst die in Fliessrichtung rechte Hälfte und ab Frühjahr 1592 die linke. Wehrbruch und Flutwelle. Ein heftiger zweitägiger Dauerregen im Juni 1592 liess den Seespiegel rasch ansteigen und erzeugte einen so gewaltigen Wasserdruck, dass das provisorische Wehr zu brechen begann. Ein riesiger Schwall ergoss sich unkontrolliert die Lorze hinab. Bis die ganze Wassermenge von vielleicht 35 Millionen Kubikmeter abgeflossen war, dürfte es etwa zehn Tage gedauert haben! Die Flutwelle überschwemmte das Kloster Frauental, wo man mit einem Weidling durch den Kreuzgang fahren konnte, und schädigte Güter auf der Maschwander Allmend. Eine beunruhigte Ratsdelegation aus Zürich kam zu einem Augenschein nach Cham, wurde aber vom Stadtrat von Zug beschwichtigt. Knopfli seinerseits liess sich durch den katastrophalen Wehrbruch nicht beirren. Schon am 8. Juli 1592 begann er am See im Bereich der heutigen Eisenbahnbrücke mit dem Bau eines neuen, 135 Meter breiten Wehrs, um die Lorze wieder trockenzulegen. Bis in den Herbst hinein wurde auch das restliche Flussbett vom zerstörten ersten bis zum zweiten Wehr, also auf einer Länge von etwas mehr als 200 Metern, abgetieft.

1600 000 Quadratmeter Neuland

Nach dem kontrollierten Absenken des Seespiegels lag die Uferlinie rund 2,5 Meter tiefer, nämlich bei etwa 413,5 Meter über Meer. Mit ihrem glücklichen Abschluss hatte Knopflis Pioniertat das Hauptziel erreicht: Die immer wieder hochwassergefährdete «Sumpfstrasse» zwischen Zug und Cham war nun gesichert. Darüber hinaus hatte die Seeabsenkung eine erfreuliche Nebenwirkung: Rund um den Zugersee wurde so genanntes Seeland im Ausmass von 1,6 Quadratkilometern trockengelegt und in der Folge hauptsächlich als Ried- und Streueland genutzt. Nicht unbeträchtlich war auch der Platzgewinn in der Stadt Zug, wo der neue Verlauf der Uferlinie sogar eine Ergänzung der Stadtbefestigung erforderte.

Von der Unmöglichkeit zu wissen, was in der Erde verborgen ist

Jost Knopfli selbst hat die geologischen Kenntnisse seiner Zeit auf den Punkt gebracht: Es sei nicht möglich zu wissen, was in der Erde verborgen ist. Der gewaltigen Risiken, die er mit seinem Grossprojekt auf sich nahm, war er sich nicht bewusst. So hatte das rasche Absinken des Seespiegels um zweieinhalb Meter und der damit verbundene Druck- und Auftriebsverlust gravierende Auswirkungen auf die Stabilität der Uferzone. Rund um den See waren in der Folge gegen hundert Erdrutsche und Abbrüche zu beobachten. Das traumatischste Ereignis geschah am frühen Morgen des 7. März 1593 in der Stadt Zug im Gebiet der Seliken: Im Laufe von zwei Stunden rutschten neun Häuser und etwa 2000 Quadratmeter Land in den See und wurden in die Tiefe gerissen. Sofort war die Erinnerung an die Katastrophe von 1435, als etwa ein Viertel der Stadt im See versunken war, hellwach, und die entsetzte Bevölkerung befürchtete, die ganze Altstadt werde jetzt untergehen. Dazu kam es glücklicherweise nicht. Eines aber ist gewiss: Hätte 1435 – rein hypothetisch – der Untergang noch nicht stattgefunden, wäre die tödliche Katastrophe durch die Seeabsenkung von 1592 mit Sicherheit ausgelöst worden!

Der vorliegende Text basiert auf zwei weiterführenden Beiträgen im Zuger Neujahrsblatt 1993: Josef Speck: Stadtbaumeister Jost Knopfli und die «Abgrabung» des Zugersees 1591/92, S. 22–38 John Frederick Ammann: Knopflis Pioniertat frühester Flussbaukunst, S. 39–49 veröffentlicht in Personalziitig 29/04